Mainz
Tausende nehmen Abschied von Kardinal Lehmann
Leichenwagen Lehmann in Mainz
In einem feierlichen Trauerzug wurde der schlichte Holzsarg im Schritttempo durch die von schweigenden Menschen gesäumten Gassen der Mainzer Altstadt gefahren. 350 ausgewählte Teilnehmer zogen in strenger Ordnung von der Augustinerkirche zum Bischofsportal des Mainzer Doms.
Ökumenischer Trauerzug mit hochrangigen Vertretern
Fahnenträger eröffneten den Trauerzug, hinter ihnen gingen Messdiener. Dann folgten Priester und Mitglieder von leitenden Bistumsgremien, den Domkapiteln. Ihnen schlossen sich Vertreter der Ökumene und der evangelischen Kirchen an, darunter der Präsident der EKHN, Volker Jung, der Bischof der EKKW Martin Hein und der Vorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm.
Darauf folgten Bischöfe und Kardinäle, unter ihnen der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovi , als Vertreter des Papstes und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx. Hinter dem Wagen beschlossen Angehörige und Mitarbeiter den Zug.
Trauergottesdienst mit Bundespräsident und 300 Ehrengästen
Zum Trauergottesdienst im Dom reisten Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und weitere rund 300 Ehrengäste an. Darunter waren die neue Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) als Vertreterin der Bundesregierung sowie die Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg, Malu Dreyer (SPD), Volker Bouffier (CDU) und Winfried Kretschmann (Grüne). Für Trauernde, die keinen Platz im Dom fanden, wurde der Gottesdienst auf einer Großleinwand am Liebfrauenplatz übertragen.
„Er konnte wirklich mit allen Menschen umgehen“
Im Dom wurde der Leichnam zu den Klängen eines Streichorchesters an den Stufen zum Altarbereich ein letztes Mal aufgebahrt. Bereits zur Mittagszeit hatten zum Gedenken an den Kardinal alle Kirchen im Bistum Mainz für eine Viertelstunde ihre Glocken geläutet.
„Er konnte wirklich mit allen umgehen - mit den sogenannten einfachen Menschen und mit den gesellschaftlich, kirchlich und politisch Einflussreichen“, sagte der katholische Mainzer Bischof Peter Kohlgraf in seiner Predigt. Lehmann habe sich während seines Lebens stets um Ausgleich zwischen unterschiedlichen Kräften bemüht: „Er wollte sein Leben lang Brücken bauen zwischen Vernunft und Glaube und zwischen den einzelnen, oft polarisierten Gruppen innerhalb der Kirche.“ Diese Haltung habe ihm viel Sympathie, aber auch Gegenwind eingebracht: „Er hat sich dem päpstlichen Lehramt gefügt und persönliche Niederlagen eingesteckt, ohne zu verbittern.“
EKD-Ratsvorsitzender würdigt Lehmann
Auch der Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche in Deutschland, Bedford-Strohm, würdigte den verstorbenen Kardinal: „ In ökumenisch angespannten Zeiten hat er sich nie beirren lassen, war immer für unsere Evangelische Kirche ein verlässlicher Ansprechpartner, ein Freund, ein ökumenischer Mitstreiter. Vor allem aber war er ganz Mensch. Und genau darin hat er ein starkes christliches Glaubenszeugnis gegeben. Irgendwo hat einer mal ein Graffiti an eine Wand gesprüht, in dem es heißt: Mach‘s wie Gott, werde Mensch! Karl Lehmann hat danach gehandelt.“
Lehmann stand über dreißig Jahre an der Spitze des Mainzer Bistums
Lehmann war am 11. März im Alter von 81 Jahren in seinem Mainzer Haus gestorben, nachdem er im Herbst 2017 einen Schlaganfall erlitten hatte. Der populäre Mainzer Bischof galt in den vergangenen Jahrzehnten als einer der bedeutendsten Repräsentanten der katholischen Kirche in Deutschland. Fast 33 Jahre lang stand er an der Spitze des Bistums Mainz, von 1987 bis 2008 war er außerdem Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. In seiner Amtszeit hatte sich Lehmann für Reformen in der katholischen Kirche und für einen Ausbau der Ökumene starkgemacht.
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